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Automaten töten jede Kreativität (1982) E-Mail

Kinderschutzbund lud zu Diskussionsabend

Zum Thema „Killerautomaten" hatte der Kinderschutzbund Fachleute, Mitglieder und Interessierte in die Geschäftsstelle an der Horster Straße 15 eingeladen. Nach dreistündiger äußerst lebhafter Diskussion war man sich einig, dass an den Gesetzgeber die dringliche Forderung ergehen müsse, durch Gesetzesänderung das Aufstellen dieser Automaten außerhalb von Spielhallen zu verbieten.

Die anwesenden Ratsherren sagten zu, sich in ihren Fraktionen für eine konsequente Kommunalpolitik zu diesem Problemkreis einzusetzen. Auslöser dieses Diskussionsabends (die RN berichteten schon kurz davon) war das mit wachsender Besorgnis zu beobachtende Freizeitverhalten von Jugendlichen in derzeit 13 Gladbecks „Spielhallen" (Anträge für 26 solcher Freizeitstätten liegen dem Ordnungsamt noch vor) und an Automaten vor Kiosken, Warenhäusern, Pommes-Buden und weiteren frei zugänglichen Stellen. Als fachkundige Referenten waren Kriminaloberkommissar Grebert vom Essener Kommissariat für Jugendschutz, Jugendpfleger Wolfgang Roth (Jugendamt Gladbeck) und Manfred Jakob vom Ordnungsamt der Stadt. Eingeladene Automatenaufsteller blieben dem Abend fern.

Fachmann referierte

Kriminaloberkommissar Grebert stellte eingangs fest, dass zwar eine aggressionsfördernde Wirkung des Spielverhaltens an Geräten, deren Ziel es ist, die Geschicklichkeit im Abschießen von Ufos, Flugzeugen und anderen „Feinden" zu trainieren, noch nicht belegbar sei (Untersuchungen laufen noch), dass aber der hier provozierte Geldeinsatz häufig das monatliche Taschengeld von Kindern und Jugendlichen übersteige. Der Nervenkitzel, mit jeder Mark, bei jedem Einsatz, seine Fähigkeit zu steigern, sei hier die Triebfeder. Und so komme es immer wieder vor, dass Kinder Geld stehlen, um diesem Hobby zu frönen.

Das Geschäft mit Kindern und Jugendlichen, die Gewinnsucht der Spielhallenbesitzer, zu deren Etablissements laut Gesetz nur Erwachsene Zutritt haben, blühe. Hilfloses Aufsichtspersonal, gegenseitiges „Unterdrucksetzen" der Jugendlichen, verschärften diese Situation, zumal der Wettbewerb um Geschicklichkeit durch die frei zugänglichen Automaten geradezu provoziert werde. In der Diskussion forderte CDU-Ratsherr Hermans, unverzüglich an den Gesetzgeber zu appellieren. Gleichzeitig müsse versucht werden, die Kreativität im Freizeitbereich wieder mehr zu fördern. Der Vorsitzende des Jugendwohlfahrtsausschusses, Klabuhn, betonte die Notwendigkeit eines moralischen Drucks gegen die Automatenaufsteller, die nach Ansicht übrigens aller Referenten am ehesten über das eigene Portemonnaie zu treffen seien.

Kreativität gefragt

Die Vertreter des Kinderschutzbundes verwiesen auf die kinderschützende, pädagogische und psychologische Ebene. Neben einer Gesetzesänderung müsse es auch um Aufklärung der Eltern und Erzieher gehen, die sich über die Folgen dieses Spieles oft nicht klar seien. Dazu gehöre vor allem der Verlust der Fähigkeit zu kreativem Gestalten der Freizeit, der Verlust der Kommunikationsfähigkeit (der Spielende steht einsam am Hebel und starrt auf die Mattscheibe) und das Unempfindlichwerden gegenüber Gewalttätigkeit. Brisant werde dieses Thema vor allem vor dem Hintergrund beabsichtigter Mittelkürzungen für Jugendeinrichtungen. Hier werde mit noch nicht absehbaren Folgen der Kommerzialisierung der Freizeit der Weg geebnet. Die Entwicklung echter Alternativen zum derzeitigen Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen müsse deshalb ein Schwerpunkt der künftigen Arbeit sein.

RN 15. Juni 1982
Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, den 18. November 2009 um 14:51 Uhr